Bremsen im PKW sind so konstruiert, dass der Fahrer „nach Gefühl“ Sprit opfern muss, um Korrosion zu vermeiden. Wer der Korrosion zu wenig Sprit opfert, kann ihr selbst zum Oper fallen.
Abschätzung des Mehrverbrauchs fürs Blankschleifen der Bremsen
Weltweit fällt der Korrosion über drei Prozent des Bruttosozialprodukts zum Opfer. Das ist keine Kleinigkeit. Das wird in den unten genannten Quellen als großes Thema betrachtet. Wer vergammelnde Bremsen vermeiden will, muss hierfür über 3% des Sprits opfern. Was aus Sicht eines millionenschweren VW-Vorstands wie eine Bagatelle erscheinen mag, macht sich doch im Geldbeutel bemerkbar.
Geschwindigkeit [km/h] | 50 | 100 | 130 | 176 |
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Energie [kwh] | 0,035 | 0,139 | 0,235 | 0,432 |
Energie umgerechnet in Diesel [L] | 0,010 | 0,039 | 0,065 | 0,120 |
Mehrverbrauch [L/100km] | 0,044 | 0,175 | 0,297 | 0,544 |
Mehrverbrauch/ Normverbrauch [%] | 1,2 % | 4,6 % | 7,8 % | 14,3 % |
Die Rechnung nimmt an, dass es ausreicht ein einziges Mal gegen Ende einer Fahrt „voll in die Eisen zu gehen“, um während der Fahrt an den Bremsen angelagerten Dreck und Feuchtigkeit abzuschleifen. Die Rechnung spielt den dafür notwendigen Mehrverbrauch durch – abhängig von der Geschwindigkeit, aus der heraus die Bremsung erfolgen soll. (Wer das mit eigenen Zahlen Nachrechnen möchte, kann die Berechnung Downloaden im Excel-Format oder als Numbers-Datei)
Das Beispiel ist durchgerechnet für einen VW-Polo Bluemotion Baujahr 2008 mit 1300 Kg Fahrzeuggewicht und eine normgerechte Fahrtstrecke von 22 Km. Falls eine einzige Bremsung aus 100 Km/h pro Fahrt reicht, um vergammelnde Bremsen zu vermeiden, dann würde diese den Verbrauch um 4,6% erhöhen.
Wieviel Sprit tatsächlich geopfert werden muss, um vergammelnde Bremsen zu vermeiden ist natürlich von der Witterung abhängig und wird auch von den Herstellern nicht präzise ermittelt.
Wer konsequent Sprit sparend fährt, dem vergammeln die Bremsen.
Und dem droht ein entsprechend erhöhtes Unfallrisiko. Wer nicht Sprit sparend fährt, der bekommt auch keine Probleme mit Bremsenkorrosion.
Das heisst natürlich nicht, dass Sprit sparendes Fahren so ungesund wäre wie Rauchen. Von 3475 Verkehrstoten 2015 in Deutschland geht sicherlich nur ein kleiner Teil auf korrodierte Bremsen zurück. Trotzdem verblüfft die Kaltschnäuzigkeit, mit der Hersteller das Problem aussitzen.
VW verbreitet Anleitungen, die zum spritsparenden Fahren auffordern mit Fahrzeugen, die hierfür nicht ausgelegt sind. Nachdem der VW-Polo Bluemotion Baujahr 2008 eingefahren ist, soll man, um Sprit zu sparen, laut Anleitung nach Möglichkeit die Bremsen überhaupt nicht verwenden. Zudem bewirbt VW die eigenen Produkte irreführend, und erweckt in der Werbung den Eindruck, die Produkte taugten zum spritsparenden Fahren. Insbesondere wird der Eindruck erweckt, man dürfe sie spritsparend fahren entsprechend der Bedingungen im NEFZ. Diese irreführende Werbung soll anscheinend Interessenten zum Kauf von Produkten veranlassen, die diese nicht kaufen würden, wenn Ihnen bewusst wäre, dass die beworbene spritsparende Fahrweise gefährlich ist.
Eine VW-Vertragswerkstatt rät dagegen, „ab und zu kräftig in die Eisen zu gehen“ – also das Gegenteil dessen zu tun, was die Betriebsanleitung empfiehlt . Der ADAC schrieb mir lapidar: „[man sollte] ab und an auch mal kräftig »in die Eisen steigen«.“ Im Juli 2015 hatte die ADAC Motorwelt gerade mit dem „Märchen vom niedrigen Spritverbrauch“ aufgemacht (leider ist der Heftinhalt hinter einer paywall.) Das Thema Sprit sparen kennt der ADAC also. Doch der Zusammenhang mit den Bremsen ist ihm wohl zu kompliziert.
Irreführende Werbung
Mir ist niedriger Verbrauch wichtig, weshalb ich den abgebildeten Polo kaufte. Leider hatte mich die Werbung vor dem Kauf irregeführt. Ich glaubte, der Polo sei dafür ausgelegt, spritsparend gefahren zu werden. Und ich glaubte, der Spritverbrauch wäre an Serienfahrzeugen auf dem Rollenprüfstand ermittelt worden. Damals war beispielsweise der Report „Mind the Gap! Why official car fuel economy figures don’t match up to reality“ noch nicht veröffentlicht. Mittlerweile bin ich sicher, dass sich auch VW dort beschriebener Tricksereien bei Verbrauchstests bedient. Denn ich habe VW mit diesem Verdacht konfrontiert – und VW hat das nicht abgestritten. Die ungewöhnlichen Bildunterschriften habe ich in folgendes Bild gebastelt, um auf die Irreführung hinzuweisen, der ich zum Opfer gefallen bin.
Das Bild ist angeregt von folgender Anzeige, bei der die irreführende Aussage zum Verbrauch erst auf den zweiten Blick auffällt:
Quellen zum Thema Korrosion:
- „Rost vernichtet jährlich drei Prozent des BIP“ schrieb 2009 der Tagesspiegel.de
- Der Berufsschulfachlehrer i.R. Bruno Bosy hat eine sehr ausführliche Präsentation ins Netz gestellt, die den Schaden durch Korrosion mit 4,2 % des BIP beziffert.
- Die Dechema geht je nach Land von 3-5% des BIP aus