Mit ihrer zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden mittelalterlichen Altstadt ist Lübeck immer eine Reise wert. Doch die große Zeit dieser Stadt ist für uns wohl ebenso schwer vorstellbar, wie sich ein Lübecker im 13. Jahrhundert hätte träumen lassen, dass man dereinst schreiben würde „Lübeck grenzt unmittelbar an die Europäische Metropolregion Hamburg an“ – und nicht umgekehrt, dass Hamburg doch eine hübsche Vorstadt von Lübeck sei.
Für lange Zeit zählte Lübeck zu den bedeutendsten Städten Europas, und war nach Köln die zweitgrößte Stadt der von Deutschen besiedelten Länder. Für Lübeck war Krieg eine Möglichkeit, um seine Machtinteressen durchzusetzen. Hat sich seitdem viel auf der Welt geändert? Heute führen Grossmächte Krieg, weil ihnen die erwartete Entwicklung des Ölpreises nicht passt. Seinerzeit waren den Ratsherren zu Lübeck die zunehmenden Handelserschwernisse ein Dorn im Auge. 1468 waren in London hansische Kaufleute festgenommen, ihre Waren beschlagnahmt und ihr Lager zerstört worden. Das führte 1470 zum Krieg Lübecks und der verbündeten Hansestädte gegen England. England musste damals klein beigeben. (Aus: Karl Pagel, „Die Hanse“, Westermann Verlag, Braunschweig 1983).
Im 13. Jahrhundert, als Lübeck zur Seemacht aufstieg, war England noch damit beschäftigt gewesen, seinen Nachbarn Wales zu unterjochen.
Die aus dieser Zeit stammenden Burgen wie Conwy Castle und Harlech Castle sind sehr sehenswert. Aber man sollte ihre tiefere Bedeutung nicht vergessen – die Waliser (zum Beispiel der walisische Nationalheld Owain Glyndwr) hatten genauso wenig Lust, nach der englischen Pfeiffe zu tanzen, wie die Schotten (siehe Schottische Unabhängigkeitskriege), die Iren (siehe Irische Unabhängigkeitskriege, oder die Franzosen (siehe Hundertjähriger Krieg). Und um die Waliser und Schotten zu unterjochen, brauchten die Engländer keine große Flotte. (Da klingt eine leichte Parteilichkeit für die Seite der Waliser durch. Das ist durch meine persönlichen Kontakte nach Wales bedingt).
Erst im 16. Jahrhundert unter Sir Francis Drake haben die Engländer Geschmack an einer großen Flotte gefunden, mit der man dann auch problemlos sehr weit entfernte Länder unterjochen konnte. Zu der Zeit war Lübecks alte Vormachtstellung aber bereits gebrochen.