spritsparendes Fahren

Eine spritsparende Fahrweise, die, wie im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) vorgesehen, Bremsen soweit möglich vermeidet, darf nicht zur Beschädigung oder Zerstörung der Bremsen führen.

Der NEFZ ist nicht besonders realitätsnah, da er z.B. nur Geschwindigkeiten bis 120 Km/h erfasst, und von niedrigen Beschleunigungen fern jeder Realität ausgeht. Ein sehr viel realitätsnäherer Aspekt des NEFZ besteht darin, Bremsen zu vermeiden, und das Fahrzeug möglichst ausrollen zu lassen. Zitat aus der Richtlinie des Rates, die den NEFZ definiert: „Alle Verzögerungen des Grundstadtfahrzyklus (Teil 1) sind durch vollständiges Abheben des Fußes vom Gaspedal bei eingekuppeltem Motor herbeizuführen. […] Ist die Dauer der Verzögerung länger als die in dem entsprechenden Prüfungsabschnitt vorgesehene Zeit, so sind zur Einhaltung des Zyklus die Fahrzeugbremsen zu benutzen.“ So ähnlich lernt man das wohl immer noch in der Fahrschule.

Um zu begründen, dass vergammelnde Bremsen kein Mangel sind, schrieb mir VW: „Nach unseren Erfahrungen ist das Reinigungsverhalten bei normalem Einsatz völlig ausreichend und nur unter extremen Einsatzbedingungen – zum Beispiel überwiegend vorsichtige leichte Bremsungen – kann übermäßige Korrosion entstehen.“
VW hat also die Stirn, die einzige (im rechtlichen Sinne) genormte Fahrweise als extrem zu erklären. Um tatsächlich aus der Haftung herauszukommen, müsste VW aber argumentieren, dass eine spritsparende Fahrweise

  • nicht dem bestimmungsgemäßem Gebrauch eines als spritsparend beworbenen PKW entspricht,
  • nicht einen vorhersehbaren bestimmungswidrigen Gebrauch darstellt, sondern einen Mißbrauch.

Und selbst wenn VW mit einer solchen Argumentation Erfolg hätte, müsste VW dann noch den Sachmangel auf Grund einer unzulänglichen Bedienungsanleitung wegdiskutieren (hier kursiv gesetzt der Titel der einschlägigen Entscheidung des OLG München: Urteil vom 09.03.2006 – 6 U 4082/05)

Selbstverständlich kann man fahren, ohne Bremsen zu vermeiden. Man kann zum Beispiel Sprit sparen, indem man nur mit sehr niedriger Endgeschwindigkeit fährt. Geht auch. Wer nicht aufs Geld achten muss, kann in Deutschland auch viel Freude am Fahren erleben, ohne Sprit zu sparen.

So hört man wenig von Praxistests der Hersteller, bei denen im Straßenverkehr Fahrten mit spritsparender Fahrweise getestet werden. Im Gegenteil, 2003 fiel die DaimlerChrysler AG dadurch auf, dass Ihre Testingenieure mit sehr hohen Geschwindigkeiten auf öffentlichen Autobahnen fuhren. Dabei ging etwas schief, es gab Tote – doch nur dem Testingenieur wurde der Prozess gemacht, der den tödlichen Unfall konkret verursacht hatte. Auch in der Berufung war von einer (Mit-)Verantwortung von DaimlerChrysler keine Rede. Zwar spricht folgender Beitrag auf zeit.de dafür, dass das Rasen bei DaimlerChrysler System hatte – aber in den Augen der Justiz offensichtlich kein System, für das DaimlerChrysler verantwortlich gewesen wäre.

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