Ein Verschwörungskonstrukt bezeichnet auf diesem Blog eine Erklärung für ein konkretes Ereignis mit Hilfe einer Verschwörung.
Verschwörung bzw. Komplott meint dabei entsprechend der Definition in meinem Brockhaus: „Verabredung zu einer gemeinsamen (strafbaren) Handlung“.
Der Begriff Verschwörungskonstrukt soll helfen, sachlich über reale und vermutete Verschwörungen schreiben zu können.
Den Begriff Verschwörungstheorie lehne ich für eine ernsthafte, sachliche Argumentation ab. Verschwörungstheorie ist abwertend. Er provoziert Streit sobald Gesprächsteilnehmer die Plausibilität von Erklärungsmodellen unterschiedlich bewerten. Er ist nicht konsistent mit dem Begriff „Theorie“ für entwickelte Wissenschaftstheorien. Diesen Punkt sehe ich wie der deutsche Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber (in dem Sinne, wie Roland Sonntag hier Pfahl-Traughbers Aufsatz von 2002 wiedergibt).
Genausowenig wie Isaac Newton eine Theorie der Schwerkraft entworfen hat, um das Phänomen „ein Apfel ist vom Baum gefallen“ zu erklären, genausowenig wird ein Komissar eine Verschwörungstheorie entwerfen, um ein Verbrechen einer Verbrecherbande zu erklären.
Isaac Newton hat eine Theorie der Schwerkraft entworfen um zu erklären, dass alle Äpfel und alle Materie immer in Richtung Erdmittelpunkt strebt.
Mit „Verschwörungstheorie“ wird ein übertreibender Begriff verwendet um eine Unterstellung zu transportieren, die den bezeichneten abwertet. Es ist die Unterstellung, daß derjenige überall Verschwörungen vermutet, der ein einziges gegebenes Ereignis durch eine Verabredung zu einem gemeinschaftlichen Verbrechen erklärt.
Armin Pfahl-Traughber unterscheidet jedoch je nach Plausibilität bzw. Güte eines Verschwörungskonstrukts zwischen: Verschwörungsideologie, Verschwörungsmythos, Verschwörungshypothese.
Auch Heise.de verwendet unterschiedliche Begriffe je nach Plausibilität bzw. Güte eines Verschwörungskonstrukts. Das zeigt schon der Titel dieses Beitrags: „Was ist eine Verschwörungstheorie und wann ist ein Verschwörungsverdacht glaubwürdig“
Diese Unterscheidungen überzeugen mich nicht. Da bezeichne ich die Plausibilität bzw. Güte eines Verschwörungskonstrukts lieber durch passende Adjektive.
Es hat sich in der deutschen Sprache bewährt, gleichartiges mit dem gleichen Namen zu belegen – unabhängig von seiner Güte. Wenn sich zwei Lehrer auf eine gemeinsame Bewertung für eine Klausur eines Schülers einigen wollen, dann ist es offensichtlich sehr hilfreich, dass die Wörter „Klausur“ und „Schüler“ unabhängig verwendbar sind von ihrer jeweils angenommenen Güte.
Der eine Lehrer kann den anderen neutral Fragen: Was hältst Du von der Klausur des Schülers Pfeiffer?
Mit den vom Armin Pfahl-Traughber vorgeschlagenen Begriffen ist eine derart neutrale Frage ausgeschlossen.
Denn die Frage: Was hältst Du von der Verschwörungsideologie X kann niemals eine neutrale Frage sein. Und „betrachtest Du X als Verschwörungsideologie?“ leitet ggf. einen umständlichen Eiertanz ein, der erst beendet ist, wenn sich beide auf eine Einschätzung geeinigt haben. Und aufs neue beginnt, sobald ein Dritter dazustösst.
Für das Bedürfnis, für Abwertungen oder Beschimpfungen güteabhängige Begriffe zu finden ist m.E. die Umgangssprache zuständig..
Wenn der erste Lehrer nicht neutral fragen möchte, sondern vorsätzlich den Lieblingsschüler des verhassten Kollegen beschimpfen möchte, dann fragt er den einfach: was hältst Du vom Geschmier des Strebers Pfeiffer?