„Nukleare Teilhabe“ ist ein von offizieller Seite geprägter Begriff für die Tatsache, dass die Bunderepublik Deutschland den Verboten des Atomwaffensperrvertrages zum Trotz den Einsatz von Atomwaffen geplant hat und weiterhin plant.
Diese Tatsache ist allgemein bekannt. Google(„Nukleare Teilhabe“) liefert viele Tausend Treffer. Über die Details wird allerdings viel zu wenig gesprochen. Deshalb schrieb ich in diesem Blog bereits den Beitrag mein Jahr als Massenmörder. Über das Jahr, als ich persönlich an einem Atomraketenwerfer Typ Lance dazu ausgebildet wurde, Atombomben zu verschiessen.
Welchen militärischen Wert hatte die Lance, mit Reichweite von nur 130 KM? Einen ähnlichen wie die irakische Scud. Das einzige Waffensystem der Iraker, das den USA im Golfkrieg von 1990-1991 ernste Sorgen bereitet hatte, bestand aus den mobilen Scud-Abschussplattformen. Denn dieses Waffensystem war vielleicht für eine normale Doppelgarage ein wenig zu gross, passte aber gut in eine Scheune. Deshalb liess es sich sehr gut bewegen und verstecken. Nur hatten die Iraker zu keiner Zeit Atombomben, die sie auf ihre Raketen hätten schrauben können.
Ich hatte 1989 gelobt: „Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“ Ich war also nicht auf die Nato, und insbesondere nicht auf den US-amerikanischen Präsidenten vereidigt. Und ich glaubte seinerzeit, dass der Atomwaffensperrvertrag der BRD nur das Eigentum an, aber nicht den Besitz von Atomwaffen verbieten würde. Das war Unsinn, wie heute jedermann dem Internet sei Dank einfach nachlesen kann, beispielsweise auf den Seiten des auswaertigen Amtes.
Doch die Mauerschützenprozesse öffneten mir die Augen. Wie kann der Abschuss einer Massenvernichtungswaffe (auf Befehl einer zumindest vertragsbrüchigen, wenn nicht sogar verbrecherischen Führung) Recht sein, wenn der Gewehrschuß (auf Befehl einer verbrecherischen Führung) auf einen Einzelnen Unrecht ist?
Solche Fragen habe ich bereits 2007 dem Verteidigungsministerium gestellt, und folgende Antwort erhalten:
„[…] Deutschland nimmt als aktives Mitglied der NATO daher nach wie vor an der kollektiven Verteidigungsplanung des Bündnisses auch in Bezug auf Atomwaffen teil. Zum Erhalt eines glaubwürdigen Streitkräftedispositivs und als Zeichen der Bündnissolidarität bleibt die Teilhabe der europäischen Bündnispartner, und damit Deutschlands, an der kollektiven Verteidigungsplanung der NATO auf absehbare Zeit weiterhin erforderlich.“
Ganz eindeutig, die Männer im Verteidigungsministerium wollten und wollen ihre atomaren Spielzeuge nicht wieder hergeben. Zur Begründung, dass man unbedingt Atomwaffen braucht, hatte man 1999 sogar gemeinsam in der Nato ein Konzept geschrieben. Doch helfen Atomwaffen gegen Terrorismus? Kurz nach dem 6. Jahrestag des 11.09.2001 sind den Chefstrategen wohl auch Zweifel gekommen. Am 10.10.2007 war das Strategiepapier der Nato von 1999 noch online, dann verschwand das Konzept von den Servern der Nato.
Das Verteidigungsministerium hat sich auch zu rechtlichen Fragen geäussert. „Für den Fall, dass der Einsatz von Nuklearwaffen durch die NATO im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung beschlossen worden wäre, wäre dies immer unter NATO Befehl erfolgt. Deutsche Soldaten wären an einem Nuklearwaffeneinsatz der NATO immer nur dann beteiligt gewesen, wenn sie zuvor einem NATO-Befehlshaber unterstellt worden wären und die Freigabe für den Nuklearwaffeneinsatz durch die Nato und in letzter Instanz durch den Präsidenten der USA angeordnet worden wäre“
Ein Trupp auf die BRD vereidigter Soldaten sitzt auf dem Atomraketenwerfer mit der Atomrakete. Er übt die tatsächliche Herrschaft über den Werfer und die Rakete aus. Er entscheidet über die Frage von Gehorsam und Verweigerung – so wie ein Mauerschütze (fiktiv) über diese Frage zu entscheiden hatte. Und in dieser Situation wäre „die Nato“ Besitzer der Atomrakete? Ich halte mich ja für fantasiebegabt. Aber diese Sorte Fantasie habe ich nicht. Sie erinnert mich an die Fantasie des deutschen Verwaltungsapparats, der die Massenexekutionen in den Jahren 1933-45 für gerechtfertig hielt und ermöglichte. Oder die Fantasie des deutschen Verwaltungsapparats, der die aktuellen drohnenbasierten Massenexekutionen für gerechtfertig hält und durch die Bereitstellung der für diese Massenexekutionen benötigten Flächen und Infrastruktur in Ramstein erst ermöglicht.